Haftungsfalle Berufshaftpflicht: Leistungsphase 9

Auf Fachkreistagungen für Ingenieure ist es schon so oft durchgesprochen worden, dass die Thematik nicht mehr aktuell erscheint und allmählich aus den Köpfen verschwindet. Die Leistungsphase (LPh.) 9 n. § 15 HOAI kann eine Haftungsfalle darstellen, für die unter bestimmten Umständen die Berufshaftpflichtversicherung nicht leisten muß. Dazu Sascha Kopotsch, ein Sprecher der CREATiVA Finanzmakler GmbH, Fachmakler für Architekten und Ingenieure:

Es ist durchaus kein kalter Kaffee, den Sie hier aufwärmen. Seit längerem beobachten wir zwei Trends: 
1. Es ist wieder eine steigende Nachfrage an projektbezogenen Versicherungen zu verzeichnen, bei denen der Planer die LPh. 9 mit anbietet.
2. Bei unseren Überprüfungen müssen wir immer wieder feststellen, dass von den Hochbauingenieuren regelmäßig auf eine formelle Abnahme ihrer Leistung verzichtet wurde."

Zu 1.

Natürlich ist den meisten bewusst, dass die Lph. 9 für sich allein genommen i. d. R kaum rentiert, manche Aufträge sind aber ohne die Dokumentation und Betreuung nicht hinreichend korrekt erfüllt und auch nicht einzuholen. Was jedoch den meisten nicht klar ist: Die Nachhaftung verlängert sich faktisch auf 7 – 10 Jahre.

Schaut man sich die Bedingungen der Versicherer an, wird man feststellen, dass bei den Einzelobjektversicherungen die gedeckte Nachhaftungszeit auf 5 Jahre nach Übergabe beschränkt ist. Darin wurzelt eine Deckungslücke, denn der Termin, von dem an die versicherungstechnische Nachhaftungszeit beginnt, ist nicht kongruent mit dem, ab dem die 5 jährige Nachhaftung für Lph. 9 zu zählen anfängt.

Jedes Jahr führen wir automatisch bei allen Versicherungsgesellschaften dieser Sparte eine Anfrage durch, wie im jeweiligen Hause die Lösung für dieses Problem kalkuliert wird. Das Ergebnis ist für die Versicherungsbranche immer wieder beschämend: Bis auf zwei Ausnahmen, waren selbst nach Monaten die Gesellschaften nicht in der Lage gewesen, außer einer Jahresversicherung eine pragmatische Lösung anzubieten. Eine repräsentative Zahl der Versicherungsunternehmen, darunter auch der Marktführer, schien die Problematik der Deckungslücke nicht verstanden zu haben oder lassen vielleicht sogar bewusst ihre Kunden diese Deckungslücke eingehen.

Zu 2.

Die Planer nehmen durch den Verzicht auf die Abnahmen eine erhebliche Verlängerung der Gewährleistungszeit in Kauf. Eine durch die vorbehaltslose Schlusszahlung konkludent erfolgte Abnahme schiebt nicht nur den Gewährleistungszeitraum nach hinten, sondern lässt den Beginn und Ende oftmals nicht mehr korrekt nachvollziehen.

Dazu kommt häufig eine weitere, folgenschwere Haftungsfalle: Im Architektenvertrag formulierte Bedingungen, die eine automatische Abnahme regeln, werden regelmäßig von der Rechtsprechung als unwirksam abgewatscht.

Der Architekt sollte sich unabhängig von Art und Umfang seines Auftrags nicht scheuen, seine Leistungen immer formell abnehmen zu lassen und Protokolle zu führen. Die Leistungsphase 9 umfasst eine Gewährleistungszeit von fünf Jahren.

Diese Frist beginnt je nach Kausalität mit Abgabe der Dokumentation, im Regelfall immer nach Ablauf der erbrachten Leistung und wenn alle Leistungen von ihm abgenommen sind. Die Gerichte bestätigen, dass unter der für die Lph. 9 relevanten, erbrachten Leistung grundsätzlich die Leistung des Bauunternehmers inklusive seiner Gewährleistungszeit verstehen ist. Hieraus wird die vorbeschriebene Problematik noch einmal deutlich.

Einzelobjektversicherungen laufen i. d. R. über die Bauzeit, im Regelfall bis maximal drei Jahre, die Versicherer gehen davon aus, dass üblicherweise die im Versicherungsvertrag geregelte fünfjährige Nachhaftung mit der Übergabe an den Bauherren beginnt.

Um einer Versicherungslücke entgegen zu wirken, sollte das Risiko konkret ermittelt werden, der Architekt wird nicht um konkrete, vertragliche Regelungen für die Abnahmen herumkommen. Darüberhinaus empfiehlt sich auch eine Teilabnahme der Lph. 8 und eine genaue Regelung für Lph. 9, hierbei sollte der Planer nicht außer acht lassen, dass er ein Jahr vor Ablauf der Gewährleistungsfristen der ausführenden Unternehmen, das Bauvorhaben vor Ort besichtigen muss um eventuelle Gewährleistungsansprüche dem Bauherren melden zu können.

Fazit

  • automatische Abnahmeklauseln in Architektenverträge sind unwirksam
  • in Architektenverträge gehören konkrete Vereinbarungen zu den Abnahmen,
  • sollte bei Übernahme der Lph. 9 auf eine Teilabnahme für die Lph. 8 verzichtet werden, hat der Planer erst einen Anspruch auf Abnahme, wenn seine Leistungen nach Lph. 9 erbracht sind.